Dienstag, Oktober 14, 2008

Wegle, saurer Sprudel und Sindelfingen

Sprachreise in Baden-Württemberg.
Ich hätt ja nicht gedacht, dass es mich jemals so weit in den Süden verschlägt, und dass es mir zudem da noch so gut gefällt.

Das Wetter war wunderschön, sogar richtiges T-Shirt-Wetter -naja, Abends war es dann doch arschkalt. Da unten gabs 'nen richtigen Bilderbuch Herbst mit unendlich vielen Farben und vollen Bäumen. Ich meine, es ist ja nicht so, als wenn sich die Blätter hier nicht verfärben, aber wenn sie erstmal grün-gelb sind, fallen sie auch schon ab.
Das Essen war super lecker -ich kann da französische Kartoffeln empfehlen- aber eben anders. Was in den ersten Tagen zu leichten ... ich erspar' euch mal den Rest des Satzes...
Und die Leute da waren alle sehr nett und offen. Man wurde einfach gleich akzeptiert und mit eingeschlossen.
Wenn ich da mal Freitag Abend in Kiel zum Vergleich nehme... nene, die einzigen Kieler die sich da mit uns unterhalten haben waren Ike-Ike -was man wir ihm hoch anrechnen, auch wenn wir ihn nicht wirklich mögen (Vorgeschichte)- und Tim. Lag wohl aber auch daran, dass die uns schon kannten.
Oder an die Sachsen auf der Klassenreise, die allesamt einfach pauschal unfreundlich waren...

Am Samstag bin ich mit Lea zusammen im ICE nach Stuttgart gefahren. Meine erste ICE-Fahrt und ich saß auf Platz 23!
Neben uns saßen ein Opa und eine Oma, die wahrscheinlich bis dahin eine eher erholsame Reise hatten. Aber wer so was will sollte sich nicht an nen 4er Platz setzen! Ich denke mal, dass die beiden ordentlich die Kriese mit uns bekommen haben. Auf der vierstündigen Fahrt bis Frankfurt haben wir ununterbrochen und ohne Punkt und Komma geredet -womit wir wohl den gesammten Wagon unterhalten haben. Die Oma hat aber ab und an leise gelacht, das hab ich ganz genau gesehen! Nachdem die Beiden ausgestiegen waren haben wir bis Stuttgart die Zeit mit Lesen verbracht. Man kann ja nicht die ganze Zeit nur reden...
In Stuttgard liefen dann die ersten im Dirndl oder in Lederhosen rum...! -Wir hatten uns verfahren und waren in München gelandet... neeiiinnn....
wahrscheinlich denken jetzt alle das gleiche, hab ich auch! Zur allgemeinen Beruhigung kann ich sagen, die laufen da nicht alle so rum. Die waren nur auf dem Weg zu einem Volksfest.

Wir haben die meiste Zeit bei der Familie von Alex (Leas Freund) in Gärtringen gewohnt. Alex' Mutter ist super nett und seine Schwester, Nina sieht aus wie Ashley, meine Gastschwester aus Amerika, und ist ihr auch vom Typ her sehr ähnlich. Nur das sie eben schon erwachsen ist und schwarze Haare hat.
Alex hatte ich weniger hibbelig in Erinnerung, aber ich bin froh das sich da jemand nen Partner gesucht hat, der nicht total still ist und 'ne Seele besitzt -die anderen sind mir nämlich etwas suspekt... ich möcht ja keinen Namen nennen, aber die ExEx....

Am Sonntag waren wir im Schwarzwald -ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich doch schonmal da war, aber da war ich 5 und dran erinnern kann ich mich kaum. Außer an eine Tankstelle, an der wir liegen geblieben sind. 'Ne Schwarzwälderkirschtorte hab ich trotzdem nur in Amerika gegessen. Ich hoffe mal das holen wir beim nächsten mal nach!!! -und haben uns ein Eishockeyspiel angeguckt.

Lea und ich hatten zwar keine Ahnung von den Regeln, aber lustig wars' trotzdem. Zudem hatten wir ja noch ein paar Freunde von Alex (Jens, Sumo und einer dessen Namen ich vergessen habe) an der Seite die uns da aufgeklärt haben. Ich möcht gar nicht wissen, wie oft die uns dabei einfach nur Unsinn erzählt haben um sich innerlich zu amüsieren.

Lea wollte bei 'nem Stand ein Würstchen essen, ich wollte nur ein Brötchen. Irgendwie hat die Würstchenfrau aber nicht verstanden, was ich wollte und hat etwas geantwortet, was ich nicht mal im Ansatz verstanden habe. Dann haben wir es nochmal mit Händen und Füßen versucht, und dann ging es so einigermaßen. Kann ich ahnen, dass die da das Wort "Brötchen" nicht kennen?! Das sind da Wegle. Daür hab ich's dann aber geschenkt bekommen.

Anschließend waren wir noch bei Jens auf dem Bauernhof und haben weitere Sprachprobleme erkannt. Lea konnte beweisen, dass es Worte wie "sabschig", "glitschig" und "luschern" doch gibt. -Und nein! wir haben uns vorher nicht abgesprochen...
Um dem Ganzen nochmal einen aufzusetzen wurde uns dann "Hannes und der Bürgermeister" gezeigt. http://www.youtube.com/watch?v=P0oNRSSUBNY
Ist so was wie das Ohnsorg-Theater nur auf schwäbisch. Ich hab zwar einiges nicht verstanden, aber das ist da wohl Kult.

Die Sprache da ist an sich eigentlich ganz lustig. "Oh mein Gott" wird ziemlich häufig gesagt -obwohl die da nichtmal katholisch sind- selbst Lea hat sich das schon angewöhnt. In jedem dritten Satz passt ein "quasi" -aber so einfach irgendwo reinsetzen geht auch nicht, Lea und ich habens ausprobiert. "Quasi Spitze" gilt auch als Satz- und ein "wo" geht hier und da auch immer noch -scheiße, jetzt hab ich den Satz den ich mir als Beispiel extra gemerkt hatte schon wieder vergessen... wenn jemand da einen weiß darf er ihn gerne als Kommentar hier lassen.
Und, was ich beinahe schon vergessen hätte: Jeder hat da nen Artikel vor seinem Namen. Man heißt nicht einfach nur Alex, sondern DER Alex. Auch Sumo und Jens wurden mit "das sind der Sumo und der Jens" vorgestellt.

Am Dienstag wollten wir zum Sushi-Essen mit Leas Japanologen und vorher kurz in Tübingen vorbeischauen um Leas Sachen wegzubringen. Schon auf dem Weg zur Bahn ging nicht alles so wie geplant.
kurz nach 16:00 - von Alex' Vater im Nachbarort losfahren
16:15 -Sumo aus dem Nachbardorf abholen, zurück nach Gärtringen um Nina und Leas Gepäck abzuholen
16:48 - Bahn in Herrenberg erwischen
das war der Plan...
... so klappte das natürlich nicht -sonst wärs ja auch weniger aufregend gewesen!

wir sind zu spät los, womit sich alles ein wenig verschob. Zudem hatten wir bei Alex' Vater zu viel Tee getrunken und mussten bei Alex auch nochmal auf Klo.
Aber wir waren noch in der Zeit -wenn man einen zwei minütigen Puffer so nennen kann.
Um noch ein paar Minuten rauszuschlagen sind wir zu einer anderen Bahnstation gefahren. 10 Parkplätze, ein Maisfeld, ein Sportplatz und ein!! Gleis. Alex' Auto macht beim Beschleunigen Geräusche wie die Zukunfts-Autos aus Minority Report -damit hat man zumindest das Gefühl, unheimlich schnell unterwegs zu sein...

Nina und ich sind vorgerannt und haben versucht den richtigen Fahrschein zu wählen ... ohne Erfolg... Somit haben wir die Bahn verpasst und mussten auf die Nächste warten. Jetzt hatten wir zwar reichlich Zeit um 'ne Karte zu kaufen, da kam das nächste Problem. Der Automat nahm keine Scheine! Und das obwohl wir ne Gruppenkarte für 15€ kaufen wollten! Sumo hatte -aus welchem Grund auch immer- genug Kleingeld dabei. Ich meine, was ist das denn!? Was machen denn die, die keine 20€ in 2-Euro-Stücken dabeihaben!? Da gabs ja nichtmal nen LottoToto in dem man hätte wechseln können!

In Tübingen hat Alex uns dann die Stadt "gezeigt". Ich glaube ich kenne jetzt jeden Bäcker, Chinesen und Dönerladen dort inklusive einer gut-schlecht-Wertung.

Sushi war sehr gut und Leas Japanologen waren allesamt auch nett. Aber ich weiß nicht, wie die Gruppe sich gefunden hat. Da gibts erstmal Shiyu -aus Ostberlin- die wie ein japanischer Popstar aussieht -mit der man aber toll reden kann-, dann einen Goth mit schwarzen Lackstiefeln, nem schwarzen fetzen Rock, weißes Gesichtspuder und einem schwarzen Stern unterm Auge, eine -Philip und Benny würden "Linke" sagen- mit Dretlocks, einen Streber und eine relativ Stille -auf den ersten Blick eher so ein Mauerblümchen. Sehr bunte, interessante Truppe, mit der man viel Spaß hatte.

Auf der Rückfahrt sind wir durch eine Ortschaft gekommen. Da es schon später war, war da tote Hose -dachte ich zumindest... Da liefen ein paar Typen über die Straße, und wie das da normal zu sein scheint, kannten die auch Sumo und Alex. Denen sind wir dann zu einer Bar gefolgt. Auf dem Weg dorthin haben wir dann noch zwei Menschen gesehen, und die kannten die auch. Ich sag ja Landleben, da kennt jeder jeden!

Am Mittwoch hat Lea mir nochmal Tübingen richtig gezeigt. Eine sehr niedliche Stadt mir sehr vielen alten Häusern und einer schönen Burg. In eine Buchhandlung hab ich sogar ein Schwäbisch-Deutsch-Wörterbuch gefunden. In der Stadt gibt es kaum alte Leute. Sumo hatte am Montag sechs Rentner gezählt... Dafür trifft man auch hier ständig Leute, die man kennt. Ich hab sogar Van Dai aus meiner Stufe gesehen. Und das am anderen Ende von Deutschland!

Nachdem wir den ganzen Tag auf den Beinen waren haben wir uns abends einen netten "Mädelsabend" mit Tee, Keksen und "Mädchengesprächen" gemacht -das war urspünglich Alex' Idee!?
War auch mal 'ne interessante Erfahrung. Man denk doch anders über Dinge wenn man sie erstmal ausgesprochen hat.

Am Dienstag und Donnerstag haben wir mit dem Jens zusammen DSA gespielt. Darauf geh ich jetzt mal nicht weiter ein, dafür gibts dann später -für Interessenten- nochmal 'nen extra Eintrag.

An diesen Abenden hatten wir auch wieder viel Spaß mit schwäbischen Wörtern.
Wir hatten am Nachmittag Kakaopulver gekauft um nen Kuchen zu backen. Als Nina dann durchs Zimmer lief hab ich ihr erzählt, dass wir welches mitgebracht hatten.
Jens meinte nur "Kaba". Ich dachte es wäre eine Frage ob wir Kaba mitgebracht haben und hab ihm gesagt, dass es "Nesquick" sei. Jens war anscheinend kurz über die Antwort verwirrt, weil er mir eigentlich nur sagen wollte, dass Kakao da unten "Kaba" heißt und ich war verwirrt, weil er es war. Dunkle Schokolade hat allerdings keinen Kaba-Gehalt von 70%...

Und etwas zu trinken zu bekommen ist noch verwirrender!
Selter ist "saurer Sprudel" -klar, wegen des pH-Werts...6 ist eindeutig sauer...
Weiße Brause ist "süßer Sprudel" -auch klar, weil Zitronen ja in der Regel nicht sauer sind...
Gelbe Brause ist "gelber Sprudel" -muss ja so sein, weil's ja gelb ist...
Rote Brause ist .... Nein! nicht "roter Sprudel" -das wär ja auch zu einfach! Das ist "wild berry"... das ist zu modern und hat sich noch nicht eingebürgert....
Und da soll jemand durchsteigen?!?!

Freitag hat Alex Sumo um acht zu uns nach Hause bestellt, damit wir uns nen netten Abend machen können. Punkt acht klingelt es an der Tür. Wir saßen grad im Wohnzimmer um Nachrichten zu gucken. Von Alex kam keine Regung. Auch auf "es hat geklingelt" und "willst du nicht aufmachen?" nicht. Seine Mutter hat also die Tür geöffnet, Lea und ich haben den Sumo an der Tür begrüßt und Alex war zunächst überrascht, was Sumo vor der Tür machte.
Nachdem sich Alex aber wieder an sein Telefonat mit Sumo erinnern konnte (...) war der abend auch noch sehr unterhaltsam -auch wenn er die ein oder andere dunkle Seite in Einigen hervorgebracht hat... unheimlich....

Samstag waren wir spontan noch im Kino zur Spätvorstellung (ich wollte Sonntag die Bahn um kurz nach acht bekommen...) mit Jens und Sumo. Dazu sind wir nach Sindelfingen gefahren. Die Stadt mag zwar keiner -zumindest gibt es da so nen Spruch wie "lieber keinen Finger als Sindelfingen" oder ähnlich- aber jeder hat da bei Mercedes schon mal gearbeitet. Als Briefverteiler oder Hausmeister -ich meine, hört sich schon gut an behaupten zu können, dass man mal bei Mercedes gearbeitet hat.
Im Kino, eine Reihe vor uns, saß auch ein kleines Grüppchen. Als wir die Stufen zu unseren Plätzen hoch sind, hat das äußerste Mädel Jens mit offenem Mund angestarrt und mit dem Kopf verfolgt. Ich dachte, dass die ihn bestimmt kennt -in den letzten Tagen hatten wir aber auch wirklich in jeder kleinen Stadt, zu jeder Tages- und Nachtzeit Leute getroffen, die man wohl irgendwie, irgendwoher kannte- aber die hat nicht Hallo gesagt... komische Leute da in Sindelfingen...
Nach dem Film haben wir dann noch eine nächtliche Tourifahrt über das Mercedesgelände gemacht. In der Straße am Ententeich ums Firmengelände herum gabs mal 'nen Ententeich, jetzt steht da eine Kläranlage... schon etwas makaber.

Sonntag bin ich dann 13 Stunden nach hause gefahren -mit dem ICE für 60€ wars mir zu teuer- und hab dabei viele Bundesländer durchquert... ich war sogar in Bayern und Sachsen.

Alles in allem kann ich sagen, dass ich schon seit langem keinen so schönen Urlaub hatte. Es war entspannend, ßuper lustig, ich hab viel gesehen, gelernt und unheimlich nette Leute kennengelernt -was will man mehr? Es hat meine Einstellung zum südlichen Deutschland -unterhalb der Elbe ist eben doch nicht nur Bayern- und auch zum ländlicheren Leben doch komplett verändert. Ich kann doch tatsächlich verstehen, warum man da runter zieht.
Auch der Akzent ist gar nicht schlimm. Eher lustig und irgendwie auch charmant.

mein lieblings Zitat der Woche: "das ist ja quasi spitze"
ok, es gibt noch ein zweites, aber das kennt wohl nur Lea...