Dienstag, September 04, 2007

der Wanderzombie

Am zweiten Tag unserer Klassenreise in den Harz wollten wir uns, nach dem obligatorischen Besuch einer Pharmafirma, das Schloss von Werningerode angucken.

Auf dem Weg zum Markplatz ist Marina dann beinahe zusammengeklappt. Wahrscheinlich hat sie was mit dem Blinddarm... Darum haben wir ersteinmal eine Mittagspause in Werningerode gemacht. Ich hab Salat fürs Abendessen gekauft und dabei Gemüse vom Mars entdeckt.

Anschließend konnten wir uns nicht entscheiden, ob wir zum Schloss hoch laufen oder mit der Bimmelbahn fahren sollten. Also haben wir uns geteilt. Ich bin mit einigen der Mädchen und den Lehrern gelaufen. Allerdings sind wir schon an der zweiten Kreuzung falsch abgebogen und einmal um den Block gelaufen. Wundert mich nicht, da Herr Valentien die Richtung angegeben hat. Als wir dann den Aufstieg zur Burg gefunden hatten, überholte uns die Bimmelbahn mit dem Rest der Klasse. Danach ging es dann sehr steil bergan und einige konnten das Tempo nicht so ganz halten -das kommt davon, wenn man raucht. Oben hatten wir -zu unser aller Überraschung- die Bimmelbahn wieder eingeholt. Naja, bis auf Karo und Nele...

Das Schloss war zwar schön, aber nicht besonders spannend. Draußen gab es einen schönen, versteckten Garten, in dem Nele ihren Traummann entdeckt hat.

Anschließend bin ich mit Julia, Nele, Karo und Melanie zu einem nahegelegenden Tierpark gewandert. Eine kurze Strecke von ca. 1.5 km durch den Wald. Im Zoo waren allerdings nicht all zu viele Tiere zu sehen... Bei den ersten Gehegen kamen wir uns vor wie im "Blair Witch Project", da echt nirgends auch nur eine Menschenseele zu sehen war und wir schon im Tierpark waren, ohne überhaupt einen Eingang gesehen zu haben. Weiter dirn waren dann aber doch noch andere Besucher. Na Gott sei Dank, sonst wärs auch etwas zu merkwürdig gewesen...

Um 17:00 Uhr -wir waren seit gut 6 Stunden auf Achse- wollten wir uns dann wieder auf den Heimweg machen - zu Fuß.

Nach hause wollten wir durch die Berge wandern. Karo gefiel die Idee gar nicht und sie war ab dem Wildparkausgang schon ziemlich maulig. Auf einer Wanderkarte haben wir uns 'nen ungefähren Weg ausgeguckt und eine Frau nach dem Beginn des Wanderweges gefragt. So wie auf dem Bild wollten wir vom Zoo dem pinken Weg bis zu unserem Haus in Hasserode gehen. Als Anhaltspunkte haben wir uns den Organistenkopf, den Armeleuteberg und den Kaiserturm gemerkt, die alle ungefähr auf halber Strecke liegen sollten, gemerkt.
Karo wollte partout nicht mit und wir mussten sie zur nächsten Bushaltestelle bringen. Aber alleine fahren wollte sie dann auch nicht. Hätte sie auch früher sagen können, dann hätten uns die drei Betrunkenen dort nicht erklären müssen, wie man am besten fährt ... danke!

Also sind wir weiter. Innerhalb der nächsten 10 Minuten fiel Karos Stimmung dann noch rapider ab, als sie es bis zu diesem Punkt schon getan hatte. Durch Zufall haben wir dann die "Mettwiese" gefunden. Nachdem wir schon so gut wie dran vorbeigelaufen waren.
Die Frau aus dem Tierpark meinte, dass neben der Wiese ein Trampelpfad hoch zum Wanderweg führen würde. Neben der Wiese verlief eine kleine Treppe zum Wald hoch.
Karo ist wohl nur hoch, weil wir ihr immer wieder gesagt haben, dass da oben der Weg nach Hause liegt. Wovon wir ja bis dahin auch noch fest überzeugt waren.

Von der Treppe hatte man einen ganz tollen Ausblick über das Umland. Als wir Ausschau hielten, konnte Karo auf- und sogar überholen. Allerdings hatte sich da ihr Gesichtsausdruck auch schon arg verfinstert und gesagt hat sie eh nichts mehr. Auch unsere Bemühungen, ihr zu zeigen, wie schön es auf der Wiese war, schlugen irgendwie fehl. Von ihr kam immer nur noch so ein merkwürdiger Brummton. Ich fand ja sie hatte zu dem Zeitpunkt etwas von einem Golem, dem man den Auftrag gegeben hatte, den Weg nach Hause zu finden. Oben an der Wiese war eine Sackgasse, die nur wieder zurück zu der Straße mit der Bushaltestelle führte. Allerdings war da eine Oma mit Kindern, und die hat uns auf einem Trampelpfad - ok, mit ganz viel Phantasie konnte man da einen erahnen...- um eine Bergkuppe geschickt.

Da dachten wir immernoch, dass wir auf dem Wanderweg wären. Hinter dem Berg kam ein weiterer mit drei Skischanzen und einer Art Pension. Und wieder wussten wir nicht weiter. Man konnte nach links in den Wald, was aber eher nach einem Privatweg aussah, nach rechts in die Stadt oder geradeaus über die Skischanzen. Dort gab es auch wieder eine Wanderkarte, aus der wir zunächst aber nichts nützliches schließen konnten. Wir haben sie trotzdem abfotografiert. Mit meiner Digitalkamera...

Danach sind wir in die Pension und haben der Rezeptionistin geschildert, wo wir hinwollen und gefragt, ob sie Wanderkarten hat. Sie hatte zwar welche, wollte sie uns aber nicht mal gegen Geld geben. Vielmehr hat sie uns versucht, von unserem Vorhaben abzubringen. Jaaa, sicher, da kommen Kinder mit dem Plan zu wandern und fragen nach einer Karte und anstatt ihnen eine Karte durch die "gefährlichen" Berge zu geben, schicke ich sie lieber ohne los, in der Hoffnung, dass sie dann gar nicht in die Berge gehen???
Karo hat sich derweil draußen auf dem Bordstein ausgeruht. Auf dem Parkplatz vor der Pension haben wir dann nochmal zwei Frauen angesprochen, aber auch die meinten, dass wäre viel zu weit nach Hasserode wäre, und es durch die schnell aufkommende Dunkelheit in den Bergen auch zu gefährlich wäre.

Wir haben uns, sehr zu Karos Freude, geschlagen gegeben und sind Richtung Stadt um dort einen Bus zu nehmen. Wir waren keine 500 Meter gegangen, da entdeckten wir einen Wegweiser der zum Kaiserturm führte. Da war es bereits kurz nach 18 Uhr. Den Weg zogen wir natürlich vor, und Karos Stimmung schlug wieder um. So sind wir dann 'ne ganze Zeit durch den Wald, immer geradeaus. Karo lief immer ganz hinten, eingehüllt in einem zu großen Regenmantel und mit der Kapuze -wörtlich- bis zur Nasenspitze gezogen. Da erinnerte sie dann mit ihrem energischen, monotonen Stampfen eher an einen Zombie. Was zeitweise wirklich unheimlich war. Einmal kam uns eine Nordic-Walkerin entgegen, die jeden freundlich begrüßte, nur bei Karo war sie wohl etwas irritiert. Als Karo immerweiter zurückfiel und wir immer häufiger auf sie warten mussten, haben wir uns schon ein wenig Sorgen gemacht. Zumal sie ja auch seit längerem nichts mehr getrunken hatte. Melanie und ich hatten die Befürchtung, dass sie sich einfach hinsetzten würde, und einfach nicht mehr weitergehen würde. Julia war der festen Überzeugung -und ich weiß nicht, ob sie das nur gesagt hat, um sich selber zu belügen- dass die Straße ist ja nicht so weit wäre, und wir zur Not dahin gehen und den Bus nehmen könnten. Also ICH hatte das letzte Geräusch, was irgendwie an ein Auto erinnern könnte vor -gefühlten- Stunden gehört. Wir waren sicherlich meilenweit von der nächsten Straße entfernt und den Zeitpunkt zum Umkehren hatten wir schon vor Kilometern hinter uns gelassen.
Weggabelungen waren immer fein Ausgeschildert und wir sind weiter dem Kaiserturm gefolgt.
Bis wir dann an eine lichtere Stelle kamen, von der sich dann fünf Wege abspalteten und es KEIN Schild gab. Naja, dafür gabs' einen Tisch mit Bänken. Es gab zwei geteerte Straßen, einen Waldweg, der fast genauso verlief, wie der von dem wir gerade kamen und einer führte nach rechts. Dieser war der, wie ich fand, unverheißungsvollste. Er war sehr dunkel, schlammig und führte noch weiter nach oben. Um Karo 'ne Pause zu gönnen haben Nele und ich mich mit ihr an den Tisch gesetzt und Gummibärchen gegessen -was ihre Stimmung wieder etwas aufhellte. Julia und Melanie sind den dunklen Wanderweg hoch um zu gucken, ob wir da weiterkommen. Nach kurzer Zeit konnte man ihre Stimmen rufen hören. Als wir zu ihnen stießen waren wir wirklich ganz oben auf dem Berg am Kaiserturm. Die Aussicht war toll, wir konnten Fotos machen -nicht mit meiner Kamera, denn wie wir feststellen mussten, hielt der Akku nur noch wenige Sekunden - ... gut, dass da die Wanderkarte drauf war... und Karo konnte seit langem auch endlich mal wieder eine rauchen. Danach haben wir ihr ihren Rucksack abgenommen und sind weiter. Nur hatten wir jetzt außer Hasserode keinen Anhaltspunkt mehr, wohin wir laufen sollten... also sind wir erstmal drauf los und haben an Gabelungen immer mal schnell meine Kamera angemacht und geguckt wohin wir wohl am besten laufen.
Bergab und ohne Rucksack stieg auch Karos Laune. Sie hat sogar wieder gesprochen. Ok, das erste war "wenn wir zu hause sind, dann bring ich euch um!" aber ich meine, das ist besser als gar nichts.
Da wir keine Ahnung hatten, wo wir waren -vom Wald mal abgesehen- und wie lange wir wohl noch brauchen würden haben wir um halb acht bei Cansu angerufen, um ihr bescheidzusagen, dass wir es eventuell nicht pünktlich um acht zum Treffen mit der Klasse schaffen würden.
Recht plötzlich kamen dann Häuser in Sicht und wir standen auf einer Straße in einem Dorf. Alle waren doch ein wenig erleichtert. Nur kam jetzt ein weiteres Problem auf. Wir wussten gar nicht wo wir waren. Wir wollten ja den Nächstbesten fragen, wie das Dorf heißt, aber es war einfach kein Arsch auf der Straße unterwegs. Plötzlich erkannte Melanie einen Straßennamen wieder und Karo konnte unser Haus sehen.
Am Ende waren wir sogar pünktlich um acht -auf die Sekunde genau!- zu hause.

Ich hab noch nie jemanden so sauer wie Karo erlebt. Das ganze hat zwar bei Karo einen kleinen Schaden hinterlassen, der sich äußert, wenn man "wandern" sagt, aber ich hatte wirklich viel Spaß!


Zitat des Tages (von Fr. Johannsen): "Karo, wenn du deine Hausaufgaben nicht machst, musst du wandern!"